Tag 46 - 51 Marion bis Pearisburg
Appalachian Trail 2015
Tag
Trailmile
09.05., Chatfield Memorial Shelter
Da wir uns gestern noch bis zum Partnership Shelter durchgeschwitzt hatten, konnten wir heute etwas länger schlafen. Da Wochenende war, gab es leider keine Busverbindung in die Stadt. Während wir versuchten zu Hitch-Hiken wurde im gegenüberliegenden Besucherzentrum die Flagge gehisst. Silent Force erklärte mir, es gäbe viele Regeln was die Fahne betrifft. So muss sie gefaltet immer ein gleichschenkliges Dreieck ergeben und dabei dürfen keine rot-weißen Streifen mehr zu sehen sein, sondern nur Sterne. Abends muss die Flagge immer eingeholt werden, es sei denn, sie wird angestrahlt, sprich die Fahne darf nicht im Dunkeln flattern. Die US-Flagge muss auch immer am höchsten oder auf gleicher Höhe mit anderen Fahnen hängen. Außer im Bundesstaat Texas. Da darf die texanische Flagge höher hängen (diese Info stammt allerdings nicht von Silent Force sondern von einem Freund der ein Jahr in El Paso Texas verbracht hat). Das Trampen war leider am Ende nicht von Erfolg gekrönt, obwohl wir diesmal gar nicht so schlimm gerochen haben, aber das lässt sich beim vorbeifahren ja auch schlecht beurteilen. Am Ende nahm uns ein Shuttle mit nach Marion. Es ging nach dem Einkauf im Walmart in den McDonalds, wo wir Fiddel Head trafen. Sie hatten in einer anderen Stadt einen Priester gefragt, ob sie eine Fahrt nach Marion kriegen könnten und er hat ihnen kurzerhand das ganze Auto gegeben mit dem Spruch: "Don't Drink and drive!" Sie wollten uns in ein paar Stunden zurück zum Trail fahren. Wir aßen also in Ruhe, luden unsere Handys auf und surften ein wenig im Internet. Zurück auf dem Weg ging es mit unserem extra schweren Rucksack bei 27 grad 6 Mi die Berge rauf und runter. Mir hat irgendjemand mal gesagt in Virginia wäre es ziemlich flach und der Trail ohne Wurzeln oder Steine, davon habe ich bisher allerdings noch nicht viel gemerkt. Was ich allerdings am Abend bemerkte, gefiel mir weniger. Bei meinem linken Wanderstock war die Metallspitze nach innen gedrückt , so dass ich ihn nur noch mit der umgebenden Plastikummantelung auf dem Boden nutzen kann (sprich sie ist kaputt und ich brauch eine neue).
Tag
Trailmile
10.05., Knot Maul Branch Shelter
Unser Shelter stand an einem kleinen Bach, so dass man die ganze Nacht das Gefühl hatte, es würde regnen. Aber tatsächlich war es bereits früh um 6 schon ordentlich warm. Wir schlüpften schnell in unsere Sachen und machten uns auf die Socken. Nach 1h kam ich an eine alte Schule von 1900. Dort wartete die erste Trailmagic des Tages auf uns in Form von Pepsi, Dosenmandarinen und kleinem Krimskram. Die US Flagge an der Wand zeigte übrigens 44 Sterne und Georg Washington wachte über den brütenden Schülern. Nach dieser kurzen Stärkung ging es weiter, unter anderem über ein paar Bahnschienen. Was in Deutschland durch einen ordentlichen Bahnübergang möglichst noch beschrankt ist, muss man hier einfach über das Gleisbett klettern. Das ist aber auch nicht so schlimm, da die Frachtzüge hier aufgrund der schlechten Infrastruktur sehr langsam fahren (ca. 50 km/h). Diese sind dann aber auch länger, z.B. musste Silent Force mehr als 1h warten, weil ein Zug mit 343 Waggons langsam an ihm vorbei kroch. Aber zurück zum Trail. Da die Bäume inzwischen langsam Blätter haben, gibt es auch genügend Schatten. Das hielt die Sonne aber nicht davon ab, uns ordentlich einzuheizen. Auf einem der Berge wartete dann noch die Marke für das erste geschaffte Viertel des Weges. Zum Glück gab es heute auch noch eine zweite Trailmagic mit Cola und geschmierten Broten und was war darauf? - Erdnussbutter und Marmelade. Diese Kombination die bei uns ja eher für befremden sorgen würde, ist hier ganz normal und viele Kinder nehmen sie mit in die Schule. Danach gab es den letzten Anstieg und dann gab es einen ruhigen Nachmittag am Shelter.
Tag
Trailmile
11.05., Jenkins Shelter
Wir stehen inzwischen immer zeitiger auf, denn hier im Wald bestimmt die Sonne den Tagesablauf. Heute standen nochmal Anstiege mit insgesamt 1000 Höhenmeter an. Diese erstreckten sich zum Glück auf die ersten 10 Mi, denn als wir nach dieser Distanz am ersten Shelter ankamen zeigte das Thermometer bereits gemütliche 30 grad. Auf unserer Nachmittagsstrecke wurde es also heiß, wobei keine Wasserquelle mehr verfügbar war. Am Ende gewannen wir die Hitzeschlacht, wenn auch knapp und mit dem Verlust meiner zweiten Spitze des rechten Wanderstocks. Rabbit Stick (ein erfahrener PCT* Hiker) hatte eine Thermometer an seinem Rucksack und erzählte uns dann am Shelter, dass wir heute 100 grad Fahrenheit (37 grad Celsius) hatten. Ich hoffe das die Wetterprognose zutrifft und es heute Nacht kräftig regnet, damit die Temperaturen nicht ganz so hoch sind, denn morgen wird ein längerer Tag und heute war ein wirklich mieser Tag.
*PCT bedeutet Pacific Crest Trail und ist ein 4600 km langer Fernwanderweg von der mexikanischen bis zur kanadischen Grenze. Er durchquert dabei an der Westküste mit der Wüste (Mojave) und Schneefeldern (High Sierra) insgesamt 4 Bundesstaaten.
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Trailmile
12.05., Jenny Knob Shelter
In der Nacht regnete es leider nicht. Aber die Temperaturen waren früh um 6 doch noch ein bisschen besser als gestern. Da für heute 25 Mi auf dem Programm standen, wollte ich keine Ewigkeit in der Mittagssonne verbringen. Das Profil war super flach und der Wind und die Temperaturen äußerst hiker- freundlich. Als ich mal wieder um eine Ecke kam, standen am Hang 6 Weißwedelhirsche. Da sie genauso wie ich, nicht auf dieses Zusammentreffen vorbereitet waren, keifte mich ein Hirsch an, bevor sie alle von dannen sprangen. An der ersten Straße gab es dann erste Trailmagic zum Genießen und zwar in Form einer Banane und Poweraid (Getränk) und an der zweiten Straße eine Dose Cola. Warum gibt es aktuell so viel Trailmagic? Am Wochenende findet in Damascus mit den Traildays das größte Fest am Weg statt. Da viele der früheren Hiker sich schon
eher dorthin auf den Weg machen, halten sie einfach meistens noch einmal kurz am AT und machen den Wanderern eine kleine Freude oder nehmen sie mit in die nächste Stadt. Kurz vor dem Shelter sind wir dann noch eben über die 600 Mi Marke gesprungen, aber ansonsten gab es bis auf zwei kurze Blicke in die umliegenden Täler nichts zu sehen außer Wald.
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Trailmile
13.05., Docs Knob Shelter
Heute sollte es noch einmal 24 Mi zu einem Shelter in Schlagdistanz zu Pearisburg gehen. Noch bevor ich zurück auf dem Trail war, stand ein Weißwedelhirsch auf dem Weg. Das gute Tier sah mich und sprang dann sofort weg. Der Tag zog sich heute wie Kaugummi und das der Weg heute ziemlich steinig war, verbesserte die Situation nicht wirklich. In einem dichten Wald aus Rhododendren kam ich zu einer Kreuzung. Ich wusste nicht direkt wo der Weg weiter verläuft und drehte mich einmal im Kreis. Als ich dann zwei Wege mit dem White Blaze sah, war ich mir nicht mehr absolut sicher aus welcher Richtung ich genau kam. In einer solchen Situationen hilft die Faustformel, dass die Sonne (es war etwa gegen 10:00) sich entweder rechts oder im Nacken befinden sollte. Es ging also weiter, auch wenn man sich nie ganz sicher sein kann. Als ich dann später einen anderen Wanderer traf, der in der gleichen Richtung unterwegs war wie ich, konnte ich mir sicher sein das ich richtig lag. Am einzigen Ausblick des Tages gab es für mich dann einen letzten Snack bevor ich am Shelter ankam. Ich muss ehrlich sagen das der Weg heute echt schwer zu laufen war, denn die vielen Steine malträtierten die Fußsohlen und die Wanderstöcke waren keine Hilfe, da die abgebrochenen Spitzen (nur noch aus Plastik) inzwischen rund gelutscht waren.
Tag
Trailmile
14.05., Pearisburg
Die Nacht war kurz und ziemlich frischlich. Nichts desto trotz waren heute noch 8 Mi zu bewältigen, um in die Stadt und damit zu unserem Nero/Zero zu gelangen. Es gab sogar zwei Ausblicke zum Genießen. Die letzten 2 Mi ging es dann 2000 Fuß nach unten, was aufgrund der schlecht nutzbaren Wanderstöcke nicht einfach war. In Pearisburg konnten wir dann endlich mal wieder unsere Sachen waschen. Meine Socken hatten ihren letzten Schleudergang in Damascus, ich könnte sie also ohne Probleme in eine Ecke stellen. Nach einer Dusche, einem Besuch im Supermarkt stand das Abendessen an. Zusammen mit Nurse ging es zu einem All You Can Eat Buffet beim Chinesischen Restaurant gegenüber. Sie hatten alles was sich das Herz vorstellen kann, gebackenes Hühnchen, Sushi, Salate, Eis und sogar als Dessert Schweinsöhrchen (leider nicht ganz so gut wie zu Hause aber dennoch lecker). Danach hieß es nur noch Beine hochlegen und relaxen.