Ich bin nun seit September wieder zurück in Deutschland und 4 Monate vom Trail runter. Nun denke ich, bin ich langsam soweit, ein Resümee zu ziehen und dabei noch nicht mit der rosaroten Brille des Vergessens auf diese Monate zu schauen. Das, was ich hier schreibe, ist ziemlich subjektiv und jeder andere Wanderer wird das vielleicht anders sehen. Ich möchte nicht ganz so viele Worte zu meiner Ausrüstung verlieren, denn es gibt unendlich viele Leute, die das viel genauer analysieren als ich es tun möchte – also ganz kurz zu meinen Sachen. Mein Rucksack ist während der Reise im Großen und Ganzen so geblieben wie ich ihn am Anfang gepackt habe. Den Wassersack, 2 schwerere Packsäcke, 1 Mikrofaserhandtuch und die originale Osprey Regenhülle (einfach nicht groß genug, um auch alles zu umhüllen was außen dran ist) habe ich rausgeschmissen. Ein wenig später habe ich noch meinen Snow Peak Titan, die Meru Riemen und die Jack Wolfskin Jacke (ersetzt durch Togg Frogg Jacke) zusammen mit den Wintersachen vorgeschickt, aber nicht wieder im Rucksack mitgenommen. Mein Rucksack war an sich ein Tick zu groß, aber ich wollte mir keinen neuen kaufen (mein alter hat einfach gut gepasst). Das Zelt und der Schlafsack waren echt perfekt und jeden Cent wert. Bei den Klamotten kann ich mich nicht beschweren, denn alles hat gehalten. Die Schuhe sind Geschmackssache, aber ich gebe hier zu bedenken, dass man jeden Tag (und damit meine ich jeden Tag) umknickt. Am Anfang lohnt es sich schon auf Schuhe mit Gortex (bei mir waren das HanWag Banks GTX) zurück zu greifen, einfach, weil sie das Wasser doch ein Stück weit draußen halten und somit das Risiko des Blasen Laufens ein bisschen reduzieren. Im mittleren Teil kann man dann auf ein leichteres Paar wechseln (bei mir Merrell Moab in Rockfish Gap / Waynesborro). Es ist sowie so günstig die Füße nach 2 Monaten nochmal ordentlich zu vermessen, denn man denkt gar nicht wie stark Füße anschwellen können (bei mir von normal 45/46 auf 48 extra breit). Ich hatte hier keinen wasserfesten Schuh, denn im Sommer ist es gut, wenn der Fuß atmen kann. Silent Force zum Beispiel hat so stark geschwitzt, dass ihm das Wasser an den Beinen entlang in die Schuhe geflossen ist und alles nass war. Dieses Paar Schuhe habe ich so weit wie möglich getragen. In New Hampshire wäre ein neues Paar aufgrund des Untergrundes direkt kaputt gegangen. Allerdings war ich dann in Maine auch wieder glücklich einen doch wasserfesten Schuh (wieder ein altes Paar HanWag Banks GTX aus Deutschland) zu haben, denn dort ist es einfach matschig und nass.
Es lohnt sich einfach nicht zu versuchen, an der Ausrüstung Geld zu sparen, denn es macht einen Unterschied, ob ich 14 Tage oder 5 Monate unterwegs bin. Das war es soweit zu meiner Ausrüstung, denn jeder muss seinen eigenen Weg hier finden ;-).
Wie sieht das Resümee denn für den Weg an sich aus? – ganz klar, er ist hart. Ich habe viele Leute getroffen, die auch den kompletten PCT gelaufen sind und der Meinung waren, dass der AT härter ist. Alles in allem kann ich nur sagen: “Macht euch ein eigenes Bild vom Trail ;)”
Lieblingsstaat ist für mich Maine.
Lieblingsmomente in absteigender Reihenfolge Mt. Katahdin, West Peak, McAffes Knob, Franconia Ridge
Würde ich den Weg nochmal komplett laufen?
Nein – einfach, weil es weltweit noch so viel mehr zu entdecken gibt, aber würde ich in die Vergangenheit reisen und nochmal entscheiden müssen dann absolut JA. JA nicht nur, weil der Weg einfach ist oder man jeden Tag eine schöne Aussicht hat, sondern es ist die Gesamtheit aus Natur, Trailmagic, die Menschen rund um und auf dem Trail und die Erfahrung ein Land aus einem völlig anderen Blickwinkel zu entdecken.
Warum bin ich diesen Weg eigentlich gelaufen?
Diese Frage kann ich tatsächlich immer noch nicht ganz beantworten, aber um Mark Twain einmal zu zitieren: “In zwanzig Jahren werden Sie eher von den Dingen enttäuscht sein, die Sie nicht getan haben. Lichten Sie also den Anker, und verlassen Sie den sicheren Hafen. Erkunden Sie. Entdecken Sie. Träumen Sie.”
Was war das Schwierigste auf dem Weg?
Am Anfang war es für mich ganz klar die körperliche Anstrengung. An jedem Anstieg dachte ich: “Warum will mich dieser Weg eigentlich ständig umbringen?” Das hat sich dann aber mit der Zeit gelegt und mehr und mehr war die Schwierigkeit zu lernen, jeden Tag zu genießen. Wenn man das nicht schafft, ist es glaube ich, schwierig den kompletten Weg zu schaffen (übrigens, wer mit sich selbst nicht klar kommt, der wird auch keinen Spaß haben, denn man kann dort nicht mehr vor sich selbst weglaufen).
Was habe ich auf dem Weg gelernt?
An dieser Stelle kann man natürlich immer nur seinen eigenen Horizont erweitern, aber das Wichtigste was ich gelernt habe ist, wie wenig man braucht um glücklich zu sein. Das ist ein trockener warmer Schlafplatz, Essen und Trinken und ja, das war es dann auch schon. Alles andere ist Luxus 😀 Damit meine ich auch die simpelsten Alltagsdinge über die niemand nachdenkt, wie z.B. trockene Socken oder die Möglichkeit sich schneller als Schrittgeschwindigkeit voran zu bewegen.
Welche Tipps würde ich einem zukünftigen Thru-Hiker auf dem AT geben?
1) Beende jeden Tag mit einem Lächeln auf den Lippen. 2) Du kannst dein Ziel nicht innerhalb von 2-3 Tagen/Wochen/Monaten erreichen, aber du kannst dir die ganze Reise versauen – sprich, lass dir und deinem Körper Zeit sich umzustellen.
3) Verlasse (damit meine ich wirklich aussteigen) den Trail niemals an einem Regentag.
4) Stelle dir Prinzipien auf und breche sie nicht, wie z.B. niemals Slackpacken (ist aber Geschmackssache :D)
5) Weniger Gewicht macht mehr Spaß.
6) Wenn du als NoBo startest und nicht auf unendlich viele Menschen am Start Bock hast, dann sucht dir ein Datum, was mitten in der Woche liegt und nicht der Kick-Off Termin, 15.03 oder 01.04. ist.
Wird dieser Weg Dinge in meinem Leben ändern?
Diese Frage lässt sich nicht so einfach beantworten, da man nie weiß, was die Zukunft bringt. Aber ich denke, er ist für mich eine absolut prägende Erfahrung. Diese hat auf jeden Fall auch Einfluss auf zukünftige Entscheidungen. Manche Facetten dieses “anderen” Lebens verblassen vielleicht nach einer Weile und andere treten mit der Zeit deutlicher in den Vordergrund. Aber eins kann ich sagen, jeder der diesen Weg hinter sich gebracht hat, kommt nicht mehr als die Person zurück die am Anfang gestartet ist, auch wenn das vielleicht nicht immer so offensichtlich ist.
Am Ende noch einmal ein ganz dickes Dankeschön an alle, die mir irgendwie geholfen haben!!!
“The trail ends, but the journey goes on.”
Wer noch Fragen hat oder Hilfe für seinen eigenen Thru-Hike benötigt, der kann hier gerne entsprechende Kommentare posten!!!!!!!